Wer ist mit wem verwandt? Diese Frage ist das zentrale Thema eines interaktiven Exponats, das Studierende der Hochschule Trier im Studiengang Intermedia Design und der Informatik gemeinsam mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, dem LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) und dem Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig entwickelt haben.
[colrow]
[col2]
Zu sehen ist das Exponat auf der MS Wissenschaft, einem Ausstellungsschiff der InitiativeWissenschaft im Dialog, das diesen Sommer in 38 Städten in Deutschland und Österreich anlegt und jedes Jahr im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit einer Ausstellung zum großen Thema des jeweiligen Wissenschaftsjahres auf Tour geschickt wird.
Ein halbes Jahr haben die Studierenden in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Biologen an dem Projekt gearbeitet, das speziell für die MS Wissenschaft entworfen wurde. Um auch eine jüngere Zielgruppe anzusprechen, gestalteten die Designer der Hochschule ein übersichtliches Spielkonzept, das auf einem Multi-Touch-Display durch physische Interaktion bedient wird. Dieser berührungsempfindliche Tisch-Computer reagiert auf Tierfiguren, die auf Sockeln montiert sind und im formalen Kontrast zur digitalen Darstellung stehen.
Die beweglichen Tierfiguren sollen zuerst entsprechend der aufgrund ihrer äußeren Merkmale (Morphologie) vermuteten Verwandtschaft zueinander geordnet werden. Anschließend erhalten die Spieler die Möglichkeit, eine simulierte „Genanalyse“ durchzuführen, deren Ergebnis mit der digital gespeicherten Erbinformation der Arten abzugleichen und mit diesen zusätzlichen Informationen ihre Anordnung zu überprüfen. Sie führen also die Ergebnisse der ‚analogen‘ Morphologie und der digital gespeicherten Erbinformationen zusammen. Das Ziel des Spiels ist erreicht, wenn alle Figuren richtig platziert sind. Den Spielern soll so nahe gebracht werden, dass man Verwandtschaft und Abstammung von Lebewesen am besten durch Kombination verschiedener Untersuchungsansätze erforschen kann. Das Exponat Digitale Biologie – Morphologie vs. Genetik zeigt exemplarisch die Weiterentwicklung einer wissenschaftlichen Methode durch den digitalen Fortschritt.
„Die Qualität der Gestaltung liegt im spielerischen und intuitiven Umgang mit den Objekten, der die schwierige Materie leicht verständlich macht“, betont Prof. Daniel Gilgen, der das studentische Team der Hochschule Trier betreute. Ermöglicht wurde die technische Umsetzung durch Studenten des Fachbereichs Informatik unter Leitung von Prof. Dr. Georg Schneider. Einige der verwendeten Tierfiguren mussten durch die Senckenberg-Präparatorin Hildegard Enting handgearbeitet werden.
[col2]
Mitte der sechziger Jahre führte die Entschlüsselung des genetischen Codes zu einer Revolution in der Genetik. Seitdem sind Methoden entwickelt worden, die einen tieferen Einblick in die Evolution erlauben, da die Arten nun anhand ihrer genetischen Informationen betrachtet werden. Weltweit existieren drei DNA-Sequenzdatenbanken (auch „Genbank“, „Genbibliothek“, u. A.), auf die auch die Wissenschaftler der an der Entwicklung des Exponats beteiligen Forschungsinstitute regelmäßig zurückgreifen und in die sie die Daten ihrer selbst ermittelten Gensequenzen einspeisen. In diesen Datenbanken sind Informationen zu über 400.000 Arten gespeichert. Will man zuverlässige Aussagen über Verwandtschaftsbeziehungen von Arten treffen, müssen jeweils die gleichen Abschnitte des Genoms verglichen werden. Genau das wurde bei dem Projekt Digitale Biologie – Morphologie vs. Genetik berücksichtigt und umgesetzt. Ein entscheidender Vorteil der neuen Methoden ist, dass anders als bei der morphologisch begründeten Bestimmung von Tieren oder Pflanzen keine vollständigen Exemplare benötigt werden: „Blattstücke oder Gewebeteile reichen völlig aus“, so Dr. Thomas Berberich, Laborleiter am BiK-F, der die Exponatentwicklung in biologischer Hinsicht mitbetreute. „Die z.B. aus einem Spinnenbein ermittelte Gensequenz gleichen wir mit der Datenbank ab und können so die Art zweifelsfrei identifizieren – wenn sie denn bereits in der Datenbank erfasst ist.“ Er unterstreicht jedoch, dass keine der beiden Methoden – auf morphologischen Merkmalen beruhende Bestimmung und genombasierte Arteinteilung – heute für sich allein sinnvoll ist. Sie ergänzen einander und bieten in ihrer Kombination ganz neue Möglichkeiten.
Mehr Informationen zur Ausstellung: ms-wissenschaft.de
Fotos: Ilja Händel, Wissenschaft im Dialog 2014
[colrow]
[col1]
Bild 1
[col1]
Bild 2
[col1]
Bild 3
[col1]
Bild 4